|
Gymnasium Braunlage: Außenstelle Collège R.Queneau/ Machecoul !? Angesichts der Regelmäßigkeit mit der Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Braunlage 14 Tage ihrer Schulzeit an der Partnerschule in Machecoul an der französischen
Atlantikküste verbringen, könnte man schon fast diese Formulierung wählen. Diesmal waren es 29 Jugendliche der Klassen 8 und 9, die in Begleitung ihrer Lehrer Frank Werger und Inge Jupke vierzehn Tage bei
strahlendem Sommerwetter in Gastfamilien in Machecoul und zahlreichen umliegenden kleinen Orten verbrachten. Das Meer mit allen seinen Ausprägungen war wie immer das, was - neben dem Leben in
der fremden Familie und dem Besuch der ganz anders strukturierten Schule - die Reiseeindrücke prägte: Was man aus dem Meer so alles essen kann! Nicht nur Fische, sondern auch Krevetten, Langusten, verschiedenste
Muscheln, Austern, Meeresspinnen, Meeresschnecken, Krebse gehören wie selbstverständlich auf den Speiseplan vielleicht nicht jedes Franzosen, so aber doch der meisten Familien hier in Meeresnähe. Viele kaufen all
diese Leckereien auf dem Markt und bei vielen der Tiere ist entscheidendes Qualitätsmerkmal, dass sie auf dem Marktstand noch lustig vor sich hin krabbeln und bei Austern heißt es gar: Achtung, bei Verzehr kräftig
zubeißen, damit sie nicht erst im Magen sterben. Viele Schüler stürzten sich wagemutig in dieses Abenteuer, manch einer nahm dann schnell Abstand. Doch viele kamen auch auf den Geschmack, so dass diverse Dutzende von
Austern auf dem Rückweg ihren Weg nach Braunlage fanden. Besonders auch deshalb, weil der Gastvater einer Schülerin, selbst Austernzüchter, sich die Zeit nahm, den Jugendlichen seinen Betrieb zu zeigen, zu erklären und
natürlich seine Spezialitäten probieren zu lassen. Aber selbstverständlich war nicht nur das Getier interessant, das so im Meer schwimmt, sondern auch das eigene Schwimmen im Meer lockte. Und so fand das Bad im
Atlantik bei einer Exkursion auf die Insel Noirmoutier großen Anklang. Ein kleiner Wermutstropfen besonders für die Gastgeber: die strengen Vorschriften der französischen Schule erlauben nicht, dass die französischen
Schüler während eines Schulausfluges im Meer baden. Aber das gemeinsame Bad wurde dann an den beiden Wochenenden an den Stränden von Pornic und anderen schönen Badeorten der Region schnell nachgeholt. Viele
Punkte des Programms fanden wie alle zwei Jahre, wenn Braunlager Gymnasiasten nach Machecoul fahren, Anklang, die Fete, das Kennenlernen von Kantine und der Ganztagsschule, die Salzgärten und der erstaunlich große
Markt. Vieles so nah und doch ganz anders rief auch Verwunderung hervor: - Man stelle sich vor, ein Ort so groß wie Braunlage und an einem ganz normalen Mittwoch ca. 80 Markstände, auf denen es duftet und
krabbelt. - Ein Ort, so groß wie Braunlage und es gehen so viele Schüler dort zur Schule, dass abends um 17.00 Uhr (Schulschluss für alle!) ca. 30 große Busse den Busbahnhof verlassen! Dass in der Menge von
verschiedensten Menschen, die dort aufeinander treffen, nicht nur nette Zeitgenossen sind, das ist zu ahnen und so ist mancher froh, dass in Braunlage mittags nur 2 Busse fahren und eine nette Frau Sölter den Überblick
behält. - Eine Schule mit Schülern wie in Braunlage, mit netten, neuen Freunden, die man dort gefunden hat, aber sich abends noch mal treffen , viel schwieriger als zuhause, denn da sind auch nach 17.00 Uhr noch
Hausaufgaben, die Entfernungen zum Nächsten sind oft viel größer und die warme Abendmahlzeit in der Familie wartet. Geschichtsunterricht vor Ort erfolgte sogar auch: die schöne Großstadt Nantes, Ziel eines
Tagesausfluges, war das Thema: Während der französische Deutschlehrer und Organisator des Besuches von französischer Seite Yann Audo den Deutschen spannend berichtete, wie Nantes aufgrund des so genannten
Dreieckshandels Nantes – Afrika – Amerika mit Tand, Sklaven und Gewürzen reich wurde, stellten viele Schüler zufrieden fest, dass sie an ihr Wissen aus dem Geschichtsunterricht und einer historisch
orientierten Projektwoche des laufenden Schuljahres anknüpfen konnten. Glücklicher Zufall in diesem Jahr, während wir in Machecoul weilten, fand die jährliche Aufführung der Theater- AG statt. Da zahlreiche
französische Austauschpartner aktiv an dieser AG teilnahmen, konnten ihre deutschen Gäste die hervorragenden Ergebnisse der Arbeit ihrer Freunde an einem Molièrestück und zwei anderen, interessanten Geschichten
bewundern. Auch wenn es beim Verstehen noch haperte, so war doch vieles auch ohne Worte zu verstehen, zumal der Eindruck entstand, das so mancher Franzose besonders für seine Gäste spielte, die sich auch
entsprechend in der ersten Reihe platziert hatten. Eine andere Kunst konnten alle Schüler bewundern und selbst ausüben: Zur Freude vieler stattete der ehemalige, französische Betreuer des Austausches J.C.
Voirpy der Gruppe einen Besuch ab. Und so wie er es viele Male als aktiver Lehrer in Braunlage getan hatte, so sang er auch jetzt als Pensionär mit gleichem Erfolg mit den Schülern ‚Oh, Champs Elysées’ und ‚Petit bois
derrière chez moi’. Anstrengend ist es natürlich sich immer in der Fremdsprache ausdrücken zu müssen, so dass sich manch einer sehnlichst wünschte, dass man doch Deutsch verstehen möge. Doch dann kam
dieses Verstehen völlig unerwartet: Die französische Kollegin, die in ihrem Unterricht die gelangweilte Frage ‚Wie lange noch?’ versteht, mag ja noch angehen; aber, dass ein gefährlich wirkender Sicherheitsbeamter
mit Rottweiler am Pariser Tour Montparnasse auf despektierliche, deutsche Äußerungen in eben dieser Sprache fließend antwortet, war eine spannende Erfahrung für die beteiligten Schüler. Besuch und Gegenbesuch dieser
speziellen Austauschgruppe sind nun wieder einmal abgeschlossen, und entsprechend traurig waren viele bei der Abfahrt aus Machecoul. Für viele heißt das, dass sie ihre Partner nicht wieder sehen. Aber da gibt es ja
inzwischen so viele herrliche, technische Möglichkeiten direkt und gut verständlich miteinander zu kommunizieren: Die gute alte Postkarte und das schwierig zu verstehende Telefongespräch, die teuren Handygespräche oder
E-Mails, all das sind Kommunikationswege der Vergangenheit: Heute gibt es da direkte Möglichkeiten des Gesprächs im Internet: Und wenn eigentlich viele junge Franzosen auch einen anderen Anbieter nutzen als ihre
deutschen Partner, so haben sich doch viele statt MSN schnell ICQ herunter geladen und so kann man direkt und kostengünstig gut im Gespräch bleiben. Bleibt nur die Hoffnung der Französischlehrerin, dass sich die
Franzosen dabei nicht allzu oft der Umgangssprache und vor allem korrekter Rechtschreibung bedienen, denn was mache ich mit dem Schüler, der mir beweist, dass er seine Fehler direkt vom Muttersprachler übernommen
hat? Und außerdem: trotz der großen Entfernung ist auch ein Wiedersehen nicht unmöglich: Jetzt eine Woche nachdem wir aus Frankreich zurückgekehrt sind, gibt es schon zwei konkrete
Anfragen und wenn alles wie geplant verläuft, dann werden zwei Schüler aus Machecoul Anfang Juli, wenn in Frankreich schon Ferien sind, noch ein paar Tage am Gymnasium Braunlage ‚dranhängen’. Und auch ein anderes
Erleben zeigt, dass ein Austausch nicht mit der gemeinsamen Fahrt beendet sein muss : Mit Sara Wegrzyk nahm eine ehemalige Austauschteilnehmerin, jetzt nach ihrem Abitur die Gelegenheit wahr, dass da eine regelmäßige
Busverbindung nach Machecoul ( regelmäßig alle zwei Jahre) besteht: Sie begleitete die Gruppe im Bus und besuchte mit viel Freude ihre ‚alte’ Corres Sandrine aus den Jahren 2002/03. Also wieder einmal ‚au revoir’ und
‚auf Wiedersehn’, vielleicht im Juli, auf jeden Fall im Winter und noch möglichst oft! |